Ein Freund von mir kann sich alles merken:
die Zahlen, Daten, Namen dieser Welt.
Mein Hirn dagegen – ein Sieb.
Und manchmal vergisst sogar mein Herz,
was für mich richtig ist und wichtig,
wer mich liebt und was mir in herausfordernden Zeiten Kraft gibt.
In Zeiten, wie vor zwei Wochen.
Neue Arbeitsstelle, Neue Stadt, sanierungsbedürftiges Haus.
Scheinbar nichts schon einmal vorher gemacht, wochenlang kein Tag frei.
Und ich muss immer immer weiter, weiter, weiter.
Chaos ordnen, umziehen auf eine Baustelle, Lebensraum schaffen.
Alles muss fertig, fertig, fertig werden, in den paar Urlaubstagen.
Sonst? Herzrasen. Panik. Wie soll ich das nur alles machen?
Und deshalb geht plötzlich nichts mehr weiter, weiter, weiter.
Denn ich bin einfach nur noch fertig, fertig, fertig.
Ich stehe neben mir und starre meine unausgepackten Umzugskisten an.
Mehr als Minutenlang.
Bis ich mein Schild sehe, aus Edelrost für den Garten, fast so groß wie ich.
„Gott segne dieses Haus und alle Geschöpfe unter seinem Dach“
Und ich gucke es an.
Mehr als Minutenlang.
Bis ich wieder weiß, was mein Hirn und Herz vergessen haben.
Ich kann viel schaffen, aber ich brauche auch Zeit, mich segnen zu lassen.
Ich brauche Zeit, in der ich nichts tue, nichts weiter und nichts fertig bringe.
Damit Gott alles tun kann.
Und ich setze mich mitten im Umzugschaos auf die Bettmatratze und lese den Mafiakrimi vom letzten Urlaub, den Inhalt habe ich ja schon wieder vergessen.
Ich lese bis zum Abend und schlafe eine Nacht.
Ich lese bis zum Nachmittag und während in meinem Buch das Blut in Strömen fließt, geht mein Atem wieder ruhig und tief.
Wenn das Leben schwer wird, bin ich leicht vergesslich.
Aber ich habe ein großes Schild, und einen Tag, an dem Gott alles, sogar Ruhe in mir schafft.