Brot & Spiele, Rosen,1 Kelch

Brot und Spiele wollen die Menschen, dann hat die Politik ihre Ruhe. Die Menschen wollen was zu essen und was zu gucken. Gegen den Hunger oder die zu großen Fragen. Jetzt in Rio, Olympia auf allen Kanälen. Wir wollen Gold, jeden Tag ein neues Spiel und einen vollen Kühlschrank, mehr nicht. Brot und Spiele wollen die Menschen, dann hat die Politik ihre Ruhe. Stimmt das? Funktioniert, was wohl schon die römischen Kaiser strategisch zum Machterhalt einsetzten, um von politischen Problemen abzulenken? Es funktioniert schon lange nicht mehr und vielleicht hat es das noch nie. Ich meine, in diesem Jahr wird das besonders deutlich. Auch die spektakulärsten Rekorde können es nicht schaffen, die politischen Herausforderungen in Deutschland, Europa und weltweit in den Hintergrund zu spielen. Zu groß sind die Fragen, und zu nah. Wir haben genügend Brot und die Spiele sind auch spannend, aber die Politik bekommt keine Ruhe und wir auch nicht. Zu nah der Brexit, die Türkei, die Menschen, die zu uns kommen und auch die Terrorgefahr des IS und die Präsidentschaftswahl in den USA. In den letzten Monaten sind selbst manche Politikverdrossenen wieder politisch geworden und schlagen einfache Lösungen vor: Brot und Grenzen. Brot für einen selbst und Grenzen gegen die anderen. Andere Politikinteressierte sehen die Lösung der Herausforderungen dagegen in gerechteren Lebens- und Arbeitsbedingungen weltweit. Einige würden vielleicht einstimmen in ein Lied von 1912: „Zu Ende sei: dass kleine Leute schuften für die Großen. Her mit dem ganzen Leben: Brot und Rosen!“ Die Verse von James Oppenheim rufen nach Gerechtigkeit, nach einem Leben, das über die bloße Existenzabsicherung hinausgeht. Nach dem, was das Leben lebenswert macht: Nach den Rosen des Lebens.

Christen sind weder politisch neutral noch politisch einer Meinung, wir Protestanten schon gar nicht. Was uns eint, ist die Bitte um das tägliche Brot, für uns, für alle. Im Vaterunser folgt auf die Bitte um Brot unmittelbar: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Das feiern wir im Abendmahl mit Brot und dem einen Kelch Jesu, aus dem wir alle trinken. Brot und Leben, auch politisches Leben, haben mit Schuldigwerden und Schuldvergeben zu tun. Wer das glaubt, kann sich ruhig an die großen Fragen der Politik wagen und Rosen pflanzen. Die Spiele sind dann eine schöne Nebensache.