Die Angst und Gott

Die Angst lag in der Hängematte und chillte. 


Gott war sauer und sagte: „Hör mal, du kannst hier nicht einfach rumliegen und nix tun. Du bist wichtig.“


„Ich weiß,“ sagte die Angst. „Ich hab die Welt im Griff. Und deshalb hast du mir auch nichts zu sagen!“


„Oh doch, ich hab mir dich damals ausgedacht,“ sagte Gott. „Ohne mich gäbe es dich nicht. Du bist wichtig, weil du Menschen nicht unnötig leichtsinnig werden lässt. Durch dich sind die Menschen vorsichtiger, wenn es draußen dunkel ist oder Sturm und Gewitter aufkommen. Also raus aus der Hängematte – du hast zu arbeiten! Mach den Menschen Angst, damit sie sich nicht in Lebensgefahr begeben und im Haus, Auto oder sonst wo Schutz suchen!“


Die Angst schaukelte glücklich in der Hängematte rum.

„Nö,“ sagte die Angst. „Ehrlich gesagt, habe ich es gar nicht nötig, zu arbeiten, den Menschen noch mehr Angst zu machen. Ich werde schneller größer und mächtiger als du dir nur denken kannst. Guck dir das doch mal an. Die ganze Welt ist voller Angst – und ich muss nicht mal was dafür tun. Am Anfang hab ich mich mal kurz engagiert… aber dann haben die Menschen meine Arbeit einfach übernommen!“


„Ich hab nur einem Jungen aus einer Klasse Angst gemacht, dass der alleine auf dem Schulhof stehen könnte, und keiner mehr was mit ihm zu tun haben will –also so wahrscheinlich war das nicht, aber was ist passiert? Der hat solche Angst davor bekommen, dass er sich einen genialen Plan ausgedacht hat! Jetzt steht dieses eine Mädchen alleine auf dem Schulhof, und alle lachen und wollen nichts mehr mit ihr zu tun haben. Weil die jetzt nämlich auch ALLE Angst haben, dass sie gemobbt werden könnten. Jetzt haben auch die anderen Klassen der Schule schon Angst!
Und: Genauso läuft das auch mit den Ländern und Völkern dieser Erde! Einem Staat geb ich Angst und schon droht der den anderen mit Worten und Gewalt! Und dann kann ich mich in die Hängematte legen – denn schwuppdiwupp machen die sich alle gegenseitig fertig. Läuft super.“

Gott sah die Angst an: „Bist du stolz auf all den Krieg und all die Ungerechtigkeiten, die durch dich entstehen? Ich wünschte ich hätte dich nicht auf die Erde gelassen, aber ich wollte …“

„Was wolltest du?,“ fragte die Angst.

„Ich wollte,“ sagte Gott, „dass sie sich vor wirklichen Gefahren schützen. Ich wollte, dass sie freie Menschen sind. Keine Marionetten. Ich wollte, dass sie sich entscheiden können zwischen Angst und Mut, zwischen Hass und Freundschaft, zwischen Egoismus und Gemeinschaft.“

„Hat doch geklappt!,“ sagte die Angst.

„Nein, hat es nicht,“ sagte Gott. „Sie haben jetzt viel zu oft Angst vor Dingen, die keine  reale Gefahr darstellen. Erst durch ihre Angst machen sie die Gefahr real. Natürlich kann es sein, dass man allein ist, ohne Freundinnen und Kumpels. Aber hilft das da, andere fertig zu machen? Im Gegenteil!“

„Doch, das hilft,“ sagte die Angst, „das macht cool. Und mächtig. Irgendwann sogar oft reich.“

„Angst,“sagte Gott. „Du hattest einen Job und den hast du mindestens zur Hälfte versaut. Angst vor wirklichen Gefahren ist gut. Angst vor dem Alleinsein macht noch einsamer.“

„Tja,“ sagte die Angst, „und was willst du da jetzt machen? Hier ist noch ne Hängematte für dich frei!“

„Ich sag dir, dass du kleiner werden musst,“ sagte Gott.

„Hah,“ sagte die Angst, „ich bin jetzt schon größer als du! Sogar du hast Angst vor mir! Oder warum bist du noch hier? Du traust dich doch gar nicht auf die Erde! Du wärst nie so mutig, wie ein Mensch zu leben, davor hast du doch die größte Angst!“

„Nein, hab ich nicht,“ sagte Gott.

„Ja klar, wer´s glaubt,“ sagte die Angst. „Aber selbst wenn du keine Angst vor einem Leben auf Erden hast – halt dich fest: Ich hab dafür gesorgt, dass die Menschen Angst vor dir haben! Die glauben, dass du sie bestrafst mit ihren Ungeschicken, mit all den Ungerechtigkeiten, mit dem Gefühl, dass sie nicht gut genug sind,um gemocht zu werden … !
Das, was du Freiheit nennst, mutig zu sein und auch das, was du ein guter Freund sein nennst, für andere da sein, finden sie dank mir beängstigend. Es könnte ja schief gehen, nicht erwidert werden … .“

„Ok,“ sagte Gott und ließ die Angst verdutzt in ihrer Hängematte liegen. Und ging zu seinen Engeln:
„Wir müssen auf die Erde und den Menschen sagen, dass sie keine falsche Angst haben müssen.“

„Ich hab aber Angst vor der Erde!,“ sagte ein Engel.
„Und ich hab Angst vor den Menschen!,“ sagte ein anderer.
„Die Menschen haben Angst vor dir Gott!,“ sagte der größte Engel.

„Ja, und deshalb ist das Erste, was du ihnen sagst ganz schlicht und einfach: ‚Fürchtet euch nicht!‘“
„Ja und und was sagst du?,“ fragte der größte Engel.
„Ich sage nix,“ sagte Gott. „Ich werde nur als harmloses Baby in einer Krippe in einem normalen Stall liegen, damit sich niemand vor mir fürchtet.“
Der große Engel war still und die anderen auch.
„Warum?,“ fragte einer der Engel.
„Damit Frieden wird,“ sagte Gott. „Damit die Menschen Mut bekommen und Freunde werden. Damit die Menschen frei werden von ihrer Angst. Und selber zu Engeln werden, die anderen Mut machen statt noch mehr Angst. Wollen wir doch mal sehen, ob Freundschaft nicht stärker ist als Angst!“

Alle brachten sich in Stellung. Die Engel breiteten ihre Flügel aus um die Menschen vor der Angst zu schützen und auf ihren Wegen zu begleiten. Und Gott wurde von einem jungen armen Mädchen in einem Land geboren, in dem es ständig kriegerische Auseinandersetzungen gab. Und keiner hatte Angst vor Jesus, sondern war einfach nur froh, dass Gott da war um ihr Freund zu sein.

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