Ich zuerst?

Ich achte auf mich, sonst komme ich zu kurz. Da muss ich mich durchsetzen. Gegen die anderen. Auch meinen Bruder und meine Freundin, alle. Aber das verstehen die. Denen geht es genauso. In der Schule, im Verein, in der Ausbildung, beim Shopping, auf der Arbeit. ÜBERALL: Ich zuerst, sonst bekommen die anderen das Bessere und das auch noch schneller. Sonst bekommen die anderen mehr und klettern höher. Nachfrage regelt das Angebot. Es gibt ja nur eine begrenzte Menge Luxus, Klamotten, Ressourcen, Ausbildungs- und Arbeitsplätze und um die kämpfe ich jetzt -und alle anderen auch. Das ist der Deal. Wenn die anderen auch was bekommen, sind meine Chancen schlechter. Und wenn die anderen mehr werden, kriege ich noch weniger. Dann MUSS ich noch mehr für mich kämpfen. Gegen die anderen. Sie oder ich.

So lebe ich meist. Oft auch ganz gut. Ich zuerst- allein gegen die anderen.

Aber in letzter Zeit fühlt es sich nicht mehr so an, als ob ich damit gut für mich sorgen würde. Sondern nach Kampf gegen die anderen. Und im Krieg verlieren ja fast alle immer alles. Und allein bin ich auch immer öfter. Ab einer gewissen Konkurrenz ist es vorbei mit der Freundschaft.

Manchmal lebe ich anders. Ich teile, lasse anderen den Vortritt, stelle den Kampf ein. Und es fühlt sich gut an, auch wenn es erst schwer ist. Es fühlt sich nach Revolution an: Nicht ich zuerst und allein und mehr und höher, sondern wir gleichzeitig und zusammen und für alle genug und gleichhoch.