Der Predigttext steht bei Matthäus im 22. Kapitel.
1 Jesus[1]sprach wieder zu den Hohepriestern und Pharisäern[2] in Gleichnissen: 2»Die gerechte Welt Gottes ist mit der Wirklichkeit in der folgenden Geschichte von einem Menschenkönig zu vergleichen,… .[3]
Das Reich Gottes ist mit dem eines Menschenkönigs zu vergleichen, sagt Jesus.
Also vergleichen wir.
Den Menschenkönig aus Matthäus mit den Herrschern dieser Welt.
Den Menschenkönig aus Matthäus mit dem Himmelreich, dem Reich Gottes.
Der Menschenkönig veranstaltete ein Hochzeitsmahl für seinen Sohn.
Und er schickte seine Sklaven, um die Eingeladenen zum Hochzeitsmahl zu rufen, und sie wollten nicht kommen.[4]
Wenn die Mächtigen und Großen und einladen, dann ist klar, wer kommen muss.Die Gästeliste ist vorgeben, der Proporz muss eingehalten werden. Die anderen Mächtigen und Großen aus Politik, Wirtschaft, Kunst und vielleicht sogar Religion, müssen kommen. Die Elite hält zusammen. Gleiches und Gleiches gesellt sich gern.
Aber nach ganz oben hin wird die Luft dünn. Da steht man ganz schnell ganz allein.
Die richtig Mächtigen und Großen haben wenig Freunde. Tyrannen und Despoten können niemand trauen. Ihre Macht und Größe haben sie nur, weil sie alle anderen mit Gewalt klein halten.
Wenn sie einladen, muss man kommen – oder man greift sie an.
4 Da schickte der Menschenkönig[5] noch einmal andere Sklaven und sagte: ›Richtet den Eingeladenen aus: Hört her! Ich habe mein Mahl vorbereitet, meine Stiere und die gemästeten Tiere sind geschlachtet, und alles ist bereit. Kommt her zum Hochzeitsfest.‹ 5 Sie aber gingen weg, ohne sich beeindrucken zu lassen, einer zu seinem eigenen Ackerland, ein anderer zu seinen Geschäften. 6 Die übrigen Eingeladenen überwältigten die Sklaven des Königs, misshandelten sie und töteten sie.[6]
Stellen Sie sich vor, ein Tyrann lädt zur königlichen Hochzeit und die Oberschicht geht nicht hin.
Da sagt einer: „Das Fest beeindruckt mich nicht! Ich habe mein eigenes Ackerland und mein eigenes Geschäft!“
Der nächste sagt: „Ich bin doch nicht einer seiner Sklaven! Der König hat mir nichts zu sagen.“
Und wieder ein anderer: „Der König? Für den nehme ich mir keine Zeit. Mit dem will ich nichts zu tun haben.“
Und noch ganz andere: „Der König herrscht mit Gewalt – das können wir auch. Das wollen wir nicht länger ertragen. Der soll wissen, dass er sich hier nicht mehr blicken lassen darf. Der König ist nicht mehr unser König.“
7 Da wurde der König zornig und schickte seine Truppen und vernichtete diese Mörder und verbrannte ihre Stadt.[7]
Kein Tyrann kann es sich leisten, so gedemütigt zu werden. Da muss er reagieren und die anderen degradieren.
8 Dann sagte der Menschenkönig[8] zu seinen Sklaven: ›Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, doch die Eingeladenen waren es nicht wert. 9 Geht zu den Stadtausgängen der Straßen und ladet alle, die ihr findet, zum Hochzeitsmahl ein.‹ 10 Und diese Sklaven gingen hinaus auf die Straßen und sammelten alle ein, die sie fanden, böse und gute. Und der Hochzeitssaal war gefüllt mit Menschen, die zu Tisch lagen.[9]
Stellen Sie sich vor, der Prinz heiratet und keiner kommt, keiner guckt,keiner jubelt. Diese Schande muss abgewendet werden. Dann muss eben die Unterschicht dem König ein Fest bereiten, das seiner würdig ist. Hauptsache viele Menschen, egal ob böse oder gute.
Das normale Volk hat keine Wahl, es muss feiern, wie der Tyrann es verlangt.
11 Der König kam herein, um die zu Tisch Liegenden zu besichtigen, und sah dort einen Mann, der trug keine der Hochzeit angemessene Kleidung. 12 Und er sagte zu ihm: ›Mein Lieber, wie bist du hier herein gekommen ohne festliche Kleidung?‹ Der aber blieb stumm. 13 Da sagte der König zu seinen Bediensteten: ›Bindet ihm Füße und Hände zusammen und werft ihn hinaus an einen Ort, an dem absolute Finsternis herrscht. Dort wird er schreien und vor Todesangst mit den Zähnen knirschen.‹[10]
Wer sich nicht verhält, wie es dem Tyrann passt, wird in das finsterste Gefängnis gesperrt.
Und Jesus sagt: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun.[11]
Stellen Sie sich vor, so ein Menschenkönig lädt ein zu einem Fest und keiner hat Lust zu feiern.
II
Jesus sagt: Das Reich Gottes ist mit dem eines Menschenkönigs zu vergleichen.
Also vergleichen wir und stellen uns vor:
Jesus veranstaltet ein Fest, sagen wir, er feiert seinen Geburtstag/sein Leben/seinen Abschied.
Und er schickt seine Freunde und Freundinnen los.
Einige schickt er zu den Reichen und sagt dabei: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.“[12]
Und seine Freunde gucken entsetzt und fragen: „Ja, wer kann dann selig werden?“[13]
Und Jesus sieht sie an und sagt: „Bei den Menschen ist’s unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“[14]
Und seine Freunde und Freundinnen laden ein.
Und die Reichen fühlen sich berufen.
Und Jesus will auch ein paar andere seiner Freundinnen und Freunde zu den Kindern schicken, um sie zu seinem Geburtstagsfest einzuladen, doch seine Freunde weigern sich. Aber er sagt zu Ihnen: „Lasset die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solchen gehört das Himmelreich.“[15]
„Aber Kinder sind doch viel zu klein!“, sagen seine Freunde.
Jesus antwortet: „Manche Menschen wollen sie kleinhalten. Aber so soll es nicht sein! Nicht bei meinem Fest und auch nicht unter euch. Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht.[16]
Und Jesu Freunde und Freundinnen laden alle Kinder ein.
Und die Kinder kommen und keiner weiß mehr wo oben oder unten ist.
Und Jesus schickt auch ein paar seiner Freundinnen und Freunde zu denen,die sich immer so unvernünftig verhalten. Zu denen, die nicht alles verstehen,die immer so sanftmütig sind und barmherzig, die immer friedlich bleiben und von Gerechtigkeit sprechen, und auch zu denen die sehr traurig sind.[17]
Jesu Freunde zweifeln: „Meinst du wirklich, dass die kommen wollen? Denen ist doch nicht nach feiern!“
Aber er antwortet: „Es sollen alle zu mir kommen, die mühselig und beladen sind; ich will sie erquicken.[18]Ich werde ihre Tränen abwischen. Sie werden fröhlich sein und getröstet. Sie sollen satt werden und ihr Durst gestillt werden.“[19]
Und Jesu Freunde und Freundinnen laden die Unvernünftigen ein.
Und sie kommen alle, denn sie sind auserwählt.
Und dann liegen sie da am Tisch, bei Jesus.
Und feiern sein und ihr Leben.
Und essen, was sie haben.
Und Jesus guckt sie an und sagt: „Einer von euch, wird man in drei Tagen sagen, gehört hier nicht hin, er wird mich verraten.“ 22 Und sie werden sehr betrübt und fangen an,jeder einzeln, ihn zu fragen: „Herr, bin ich’s?“ 23 Jesus schaut sie allean: „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten.[20] Aber es ist schon richtig, ihr könntet es auch sein. Das ist sehr traurig, aber ihr sollt darüber nicht länger traurig sein als drei Tage. Hier geht heute etwas zu Ende und etwas Neues fängt an“. Und Jesus nahm das Brot, dankte und brach’s und gab’s seinen Gästen und sprach: „Nehmet, esset; das ist mein Leib. 27 Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; 28 das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“.[21]
Und sie feiern Jesu und ihr Leben, die Bösen und die Guten. Und fühlen sich wie Zuhause.[22]
III
Jesus sagt: Das Reich Gottes ist mit dem eines Menschenkönigs zu vergleichen.
Also vergleichen wir und stellen uns vor und stellen fest, es gleicht sich …nicht so sehr … .
Der Menschenkönig aus dem Matthäusevangelium, den gibt es unter den Mächtigen und Großen dieser Welt. Aber im Vergleich ist das Reich dieses Menschenkönigs aus dem Matthäusevangelium doch ganz anders als das Reich Gottes, wie Jesus es an anderen Stellen im Matthäusevangelium beschreibt.
Wir vergleichen und stellen fest: Wir leben nicht in einem Land eines solchen Menschenkönigs, aber im Reich Gottes sind wir auch noch nicht.
Reiche und Kinder und alle mühselig Beladenen und Unvernünftigen sitzen noch nicht zusammen an einem Tisch.
Auch wir sind all das manchmal:
Reich im Vergleich, kindisch – im Vergleich, manchmal.
Beladen – im Vergleich, unvernünftig – im Vergleich, manchmal.
Aber wir sitzen selten alle zusammen.
Wie ist das Reich Gottes dann unter uns? Vielleicht sogar noch dieses Jahr? Womit können wir das vergleichen? Wie können wir uns das vorstellen?
Vielleicht mit einem Fest, bei dem wir doch einmal zusammen sitzen, sagen wir, wir feiern Jesu Geburtstag. Gestern war Johannis, da ist in einem halben Jahr schon Weihnachten.
Und manche Gemeinden werden wieder einladen, zu sich in die Gemeindehäuser,neben den Kirchen. „Weihnachten für Alleinstehende“: Für Menschen ohne Familie,ohne Baum, ohne Gans, ohne Bett, ohne Geld. Ohne Dusche auch, es riecht anders als sonst im Gemeindehaus. Aber es ist voll. Es ist laut. Es sind alle da, die sonst nicht da sind. Und manche von denen, die sonst oft da sind, bringen den Kuchen an die Tische. Den mit viel Fett und weißem Zucker und weißem Mehl und allem, was keine Vitamine enthält. Die Kinder kommen vor ihrem großen Auftritt im Gottesdienst noch einmal vorbei und singen so laut sie können und bekommen den Applaus ihres Lebens. Die Pfarrerin kommt auch noch hineingeweht und eigentlich will ihr gar keiner zuhören aber plötzlich ist es ganz still als sie sagt, dass Gott unser Freund ist. Und wir alle Freunde brauchen. Kleine Babys, junge Mütter, unrechtmäßige Väter, Menschen ohne Papiere und Dach über dem Kopf und ohne Geld in den Taschen. Hier verstehen das alle. Gott ist unser Freund und lädt uns ein. Egal was wir anhaben, woher wir kommen, egal ob gut oder böse. Manche fühlen sich auf einmal wie Zuhause, manche auserwählt, manche berufen, keiner weiß, wo da der Unterschied sein soll, es ist wohl gleich.
Gott ist groß weil er ganz klein war und sitzt mit zu Tisch. Die Tränen sind abgewischt.
Und im Vergleich ist alles für einen Moment wie im Reich Gottes.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft
bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
[1] Eigentlich: fuhr fort und
[2] Eigentlich: ihnen
[3] Mt 22,1ff Alle Bibelzitate des Predigttextes aus der Bibel in gerechter Sprache. Vgl.: Rainer Kessler: Das Königtum Gottes und der Menschenkönig. Das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl. In: Gott ist anders. Gleichnisse neu gelesen, Hg. Marlene Crüsemann, Claudia Janssen, Ulrike Metternich, Gütersloh 2014, 160-169.
[4] Mt 22,3
[5] Eigentlich: er
[6] Mt 22,4-6
[7] Mt 22,7
[8] Eigentlich: er
[9] Mt 22,8-10
[10] Mt 22,11-13
[11] Mt 20,25
[12] Mt 19, 24
[13] Mt 19, 25
[14] Mt 19, 26
[15] Mt 19, 14
[16] Mt 20, 26f
[17] Mt 5,3-10
[18] Mt 11, 28
[19] Mt 5,12
[20] Mt 26,21-23
[21] Mt 26,26-28
[22] Eph 2,19